Selbständigkeit

Es gibt keine Anleitung für dein Leben

Ich mag Anleitungen – sie geben mir Kontrolle und ich weiß wo alles hingehört. Aber was ist wenn sie dein Leben kontrollieren sollen?

Es fängt bereits im Kindergarten an

Das Konzept!
Über Frühstück, Spielzeit, Bastelzeit, draußen spielen, Ausflüge, Mittagessen und nicht zu vergessen Bring- und Abholzeit, alles ist geplant und auf die Gruppe sowie Erzieher/innen abgestimmt. Rituale, eine klare Struktur, Regeln und Grenzen. Wenn man es genau will: Eine Kindergarten-Anleitung um die Kleinsten bereits an die Gesellschaft und soziale Gruppen zu gewöhnen.
Ich kann mich kaum an meine Kindergartenzeit erinnern, aber ich weiß, dass ich anfangs oft geweint habe, weil ich mich nicht von meiner Mutter trennen wollte.
Grundsätzlich bin ich nicht gegen Rituale oder eine gewisse Struktur, aber ich bin zum Beispiel von der Tagesmutter meiner Tochter begeistert. Sie hat gar kein Konzept, sondern richtet sich ausschließlich nach den Kindern. Nach Absprache dürfen sie gebracht und abgeholt werden wann es eben klappt und außer, dass es gegen 11:30 Uhr Mittagessen gibt, ist sonst nichts vorgegeben. Jedes Kind darf spielen, essen, schlafen, singen, toben wie es gerade Lust hat. Für die Eingewöhnungszeit hat sie sich tatsächlich die zwei Monate genommen, die es gedauert hat. (Ok, ich habe blöderweise in der Zeit auch abgestillt…)

Gut, manche Eltern beginnen ja schon vorher ihre Babys zum funktionieren zu zwingen. Schlaftraining, Esstraining – was vorgegeben werden kann wird zur Regel. Sonst lernt das Kind das später ja nie! Es muss gefordert und gefördert werden. Kann ja nicht schaden, hat den Eltern ja auch gut getan!
Sarkasmus aus – ich mag diese Uralt-Erziehung nicht, in der die Eltern die volle Macht über ihr Kind ausüben und alles bestimmen.

Dann geht es in die Schule

Der Ernst des Lebens beginnt! Die Entscheidung ob du in die Schule gehst wird dir in Deutschland so oder so abgenommen. Schulpflicht und so! Ab jetzt wird das Verhalten und nach gutdünken Wissen benotet und bewertet. Jetzt gibt es tatsächlich einen Haufen Anleitungen, die in Strafen enden, wenn nicht gut befolgt. Still sitzen, zuhören, mitmachen – außer vielleicht beim Sport, dann bitte aktiv die Regeln verfolgen. Jetzt wird die Basis für das zukünftige Leben gesetzt, sonst kommt das Kind ja später nicht zurecht und bekommt keinen vernünftigen Job. Arbeitsblätter, Hausaufgaben, Schularbeiten usw. – für mich immer ein Graus!
Die Kinder werden nach den ersten vier Jahren selektiert in: Hat was drauf (Gymnasium), durchschnittlich noch ok (Realschule), kannste vergessen (Werkrealschule). Ich bin in Bayern in der sechsten Klasse durchgefallen, wegen Mathe und Englisch. Mir wurde gesagt ich solle besser auf die Realschule gehen, aber ein Test bei der Schulpsychologin zeigte: Durchschnittlich für das Gymnasium geeignet. In Hessen belegte ich den Leistungskurs Englisch und schaffte mein Abi ohne Lernen.
Letztes Wochenende hat mein Bruder sein Abi geschafft, an der gleichen Schule, und eine der Lehrerin behauptete in ihrer Rede, dass die Schulabgänger die Schule später vermissen würden. Das haben mir damals auch alle gesagt und was soll ich 10 Jahre nach dem Abi sagen: NÖpediNÖ!
Das letzte was ich vermisse ist die vermaledeite Schulzeit mit früh aufstehen, ständig unter Druck stehen wegen Tests und Noten, permanentes bewertet werden und eben all diesen Anleitungen, was ich dort die meiste Zeit in der Woche zu tun und zu lassen hatte.

Nach der Schule hört es ja auch nicht auf

Studium, Ausbildung, Jobs. Zumindest von meiner Familie aus war immer klar: Julia macht ihr Abi, studiert und hat dann einen guten Job von dem sie leben kann.
Sorry, ich lache mal kurz. 😉
Meinen Lebenslauf schreibe ich jetzt nicht auf, daraus kann ich einen eigenen Blogartikel machen.
Im Prinzip war ich schon so darauf fixiert nach Anleitung zu leben, dass ich ohne gar nicht mehr klar kam. Im Studium sollte ich mir die nämlich plötzlich selbst schreiben und alles selbst erarbeiten. Erste riesige Umstellung. Dann nebenher ja noch Haushalt und Leben. Auch plötzlich ohne Anleitung von zu Hause auf mich alleine gestellt.
Nagut, habe ich eben versucht mir selbst welche zu schreiben – nennt sich manchmal auch “To-Do-Liste” oder “Wie-verkack-ich-mein-Leben?”.
Selbst bei meinen Hobbys brauchte ich immer eine Anleitung: Bei den Point&Click-Games kam ich nie alleine durch, Bücher lese ich halt von vorne nach hintern (außer vll. Mangas), mit Acryl mal ich andere Bilder nach, Brett- und Rollenspiele haben Regeln usw.

Ich war wirklich lange verloren und dann wurde ich ungeplant schwanger!
Ja, das ist ein Lebensabschnitt, den kannst du nicht kontrollieren oder dich darauf vorbereiten. Es gibt keine Ausbildung im Kind kriegen oder Mama sein. Klar gibt es Geburtsvorbereitungskurse die es etwas erleichtern und du kriegst natürlich von deiner Familie ungefragt viele Tipps und Erziehungsmethoden. Trotzdem kommt es immer anders als du denkst!

Durch meine Tochter und die drei Jahre Mama sein habe ich nun eines gelernt: Für meine Bedürfnisse und mein Leben gibt es keine Anleitung!
Es gibt Regeln und Grenzen, die entweder schon von der Gesellschaft vorgegeben sind oder die ich selbst setze, aber den Rest erstelle ich selbst.

Ich darf kreativ sein, ich darf ich sein, ich darf auf mein Bauchgefühl hören und ich darf ohne Anleitung leben!
Denn sonst funktioniere ich nur – ich lebe nicht!

Tut dir eine bestimmte Struktur gut und du magst Regeln, dann nutze sie! Kannst du das gar nicht leiden und du willst jeden Tag so erleben wie er gerade passiert – dann tu es einfach!

Alles andere setzt dich nur unnötig unter Druck und verpasst dir Stress und Krankheit. Dazu gehört natürlich: Achte auf dich und deine Bedürfnisse!

Ich tue das und ich bin wahrhaftig glücklich, denn ich suche nicht mehr nach Anleitungen!

Bis dann
Deine Julia

Photo by Russ Ward on Unsplash

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